Ein Sommerspaziergang Phase 3

Frust, Ärger, Wut, Motivationslosigkeit

By on Juli 14, 2017

Die nächsten Tage ab heute versprachen anstrengend zu werden. Wir legten einige Etappen zusammen, einerseits aufgrund von ganz schlecht bewerteten Unterkünften, dann aufgrund von zu kurzen Etappen und schließlich, weil italienische Alpenvereinshütten keine Hunde nehmen. Die Heutige hätte mit 19,9km und 1570Hm die Zweitanspruchvollste werden sollen. Um der Sonne so weit wie möglich entkommen zu können, starteten wir nach 4:10 Tagwache und 5:00 Frühstück um 5:30 vollmotiviert in den 11°C kühlen, dämmrigen Tag und steuerten den noch hell scheinenden Mond an. Die Pupsen waren nach dem gestrigen kurzen Wandertag super drauf, haben sogar gespielt. Nicht ganz 2h später waren wir bereits auf einer Lichtung, von der wir den Übergang sehen konnten, glaubten wir zumindest. Wie immer überlegten wir, wo es denn tatsächlich drüber gehen könnte und ich wollte unsere Vermutungen mit Koomi verifizieren. Diese schlief aber noch tief und fest und wurde erst nach meinem fluchenden Aufschrei munter. Wir waren falsch!

Frust

Ein gute halbe Stunde wanderten wir bereits bergauf in die falsche Richtung. Ziemlich frustriert kehrten wir um und nach einem erfolglosen Versuch, einen Abstecher zu nehmen, gingen wir die ganzen 1,5 km wieder bergab bis zur vermeintlichen Kreuzung. Wir wollten natürlich genau analysieren, wie das denn eigentlich passieren konnte. Klar ist man zu zweit vielleicht etwas abgelenkter und der Mond verführte auch in die falsche Richtung, aber bei Abzweigungen passen wir immer auf. Naja ok, nicht immer. Immerhin haben wir uns nun in den letzten 5 Tagen 3 Mal verfranzt, aber das war uns eine Lehre. Als wir zurück am GTA Wanderweg waren, war alles klar. ACHTUNG für die Nachwanderer:
Es ist eine Stelle ca. 2h vorm Colle Giulian, an der zwar ein Wanderschild steht, welches in eine nicht genau definierte Richtung zeigt. Es ist aber nur der Wanderweg Richtung Colle Giulian ausgewiesen. Man kommt gar nicht auf die Idee, dass hier eine Abzweigung ist. Gleich hinter dem Schild ist eine Brücke und ein breiter schöner Wanderweg mit einer dicken, fetten Markierung. Dieser führt allerdings ganz woanders hin. Der Weg zum gewollten Übergang ist verwachsen, schmal, unsichtbar. Ohne dass man auf die Gefahr sich da zu vergehen hingewiesen wird, geht man wohl automatisch falsch!

Ärger

Ziemlich verärgert wanderten wir also weiter. 50 Minuten und 200 Höhenmeter hat uns der kleine Abstecher zu einer zugegebenermaßen schönen Lichtung gekostet. An einem Tag mit einer durchschnittlichen Tour wäre das ja alles nicht so schlimm gewesen, aber heute tat es besonders weh. Wir sind 1,5h früher als sonst aufgestanden. Den Schlaf hätten wir alle vier gut gebrauchen können. Wir haben uns abgehetzt, um der Sonne solange wie möglich auszuweichen und jetzt würden wir erst recht in dieser wandern. Wir haben auf Yoga verzichtet. Diese Gedanken waren irgendwie nicht wegzubekommen. Der Ärger wuchs immer mehr. Klar sucht man einen Schuldigen: die, die den Weg markiert haben, den Owner, weil er unbedingt hier gehen wollte, anstatt wie die GTA empfielt mit der Gondel rauf zufahren, den Mond, weil er uns verleitet hat, …. In Wirklichkeit war keiner schuld. Wir haben uns einfach verirrt … das passiert.

Wut

Als dann der restliche Weg trotz Eindeutigkeit übermarkiert war und immer wieder ein blödes GTA Schild auftauchte, war die Wut so groß, dass ich mich an einem Schild ausgelassen habe. Gottseidank ist Tom ein ruhiger, geduldiger Mensch und konnte mich beruhigen bevor Schild oder Wanderstecken gelitten haben.

Motivationslosigkeit

Allerdings folgte danach eine harte Stunde. Ich wollte nicht mehr. Ich war müde und die Beine ganz schwer und der Frust, der Ärger und die Wut verwandelten sich in ein großes Loch voller Motivationslosigkeit. Ich weiß nicht ob ich mich, wenn ich allein unterwegs gewesen wäre, auch so gehen lassen hätte können, wahrscheinlich nicht. Da bin ich ja dann auch für die zwei Wuffis zuständig und die Einzige, die mich selbst da rauf bringen kann. Aber mit Tom an meiner Seite war es leicht, sich nicht motivieren zu wollen. Trotzdem schaffte ich es dann. Ich bat Tom, mir von den schönen Dingen, die auf mich zuhause warten, zu erzählen. Das half zum Teil. Was aber wirklich half, war die Vorfreude auf die Pause mit Jause am Colle Giulian, sobald wir den endlich erreichen würde. Mir fiel auf, dass das eigentlich immer die Motivation ist, da rauf zu hatschen. Irgendwann kommt man oben an und genießt den WOW Effekt, setzt sich dann an ein windgeschütztes, sonniges Plätzchen und stärkt sich für den Abstieg mit dem mitgebrachten Snack. Das ist einfach unglaublich schön. Vor allem, weil man weiß, man hat es wieder geschafft! Und heute war es besonders toll, denn heute haben wir es trotz der Schwierigkeiten in einer super Zeit geschafft und die ersten Sonnenstrahlen erwischten uns erst am Pass selbst.

Freude

Die Freude über den geschafften Aufstieg war groß, über den Wolkenhimmel noch größer. Der Wettergott hat uns für unsere Mühen bis zum Mittagskaffee in Villanova mit Eis, mittlerweile ein Standardmenü, mit Schatten spendenden Wolken am leicht zu gehenden Wanderweg belohnt. Erst danach ging es mit der Hitze los. Wir hatten noch 1,5h zu gehen, es war unglaublich heiß, Ryoko legte sich in jeden Schatten und wir litten alle. Trotzdem ließen wir uns die Laune nicht mehr verderben, kamen trotz 1,5h Pausen in Summe nach insgesamt 8,5h im coolen Refugio Jervis an und genossen auf der schönen Holzterrasse einen Spritz … nach dem anderen. Es gab dazu so viele Chips und Nüsse, dass wir die Halbpension abbestellt haben. Wir wollten nur ein wenig Wurst und Käse und waren dann etwas überfordert, als zwei riesige Platten serviert wurden. Egal, die Reste werden dann die nächste Jausen-Belohnung auf dem morgigen Pass, auf die wir uns freuen werden. Heute soll es dann früh ins Bett gehen. Morgen läutet der Wecker wieder um 4:00 ….

Tagesstatistik
zurückgelegte km: 22,1km
überwundene Höhenmeter: 1660 bergauf / 1390 bergab
höchster Punkt: 2457m – Colle Guilian
tiefster Punkt: 1225m – Villanova
Stunden unterwegs: 8,5h

absolvierte Stages: 1
gefundene Geocaches: 0
davon T5: 0

Kosten: ?/td>
2x Übernachtung inkl. Frühstück: 72,-
Eis und Kaffee: 10,-
Nachmittagsgetränke: ?,-
Abendessen: ?,-
Links

Fotos von heute
zur Unterkunftsbewertung
Rifugio Jervis
Route auf Komoot

Route

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7 Comments
  1. Antworten

    Cose

    Juli 14, 2017

    Jetzt nicht aufgeben Ania! Du schaffst das!

  2. Antworten

    Volker

    Juli 14, 2017

    Da bin ich genau der gleichen Meinung. Bin schon neugierig, was zuerst eintritt: der STF oder mein Erreichen des zweiten Etappenabschnittes.

    • Antworten

      weltraumaeffchen

      Juli 17, 2017

      jap, da bin ich auch gespannt … aufgeben tue ich jetzt auf keinen Fall mehr …. das Meer ist fast schon zum Greifen nahe 😉

  3. Antworten

    Babsy

    Juli 14, 2017

    Ania los! Ania los! Ania los! Ania los! …..

  4. Antworten

    K2

    Juli 17, 2017

    Hallo Ania.

    Kannst auch ruhig mit den Wanderstecken auf mich einschlagen – brauchst nur vorbeikommen ;-b

    K2.

    P.S.: Noch etwas Salz in die Wunde für die Prügel-Motivation: Wie kann man sich mit GPX-Track derart verlaufen ?

    • Antworten

      weltraumaeffchen

      Juli 17, 2017

      HI,

      vorsichtig mit solchen Angeboten …. irgendwann bin ich wieder in Österreich und vielleicht kreuze ich Deine aktuelle Route 🙂

      ad P.S.: indem man nicht ständig aufs Handy schaut und es lautlos ist.

      Liebe Grüße noch aus IT, Ania.

      • Antworten

        K2

        Juli 19, 2017

        Hallo Ania.

        Ich tippe ja eher auf ein Treffen auf ehemals österreichischem Boden – wenn Du es jetzt in etwas ruhigerem, d.h. Normaltempo auslaufen läßt.

        Prügel mit Wanderstöcken sind ok – aber nicht Stechen !

        Sonnige Grüße aus dem Großarltal,
        K2.

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Höhe statt Ferne

zur StoryView more

2017 war für mich das Jahr der weiten Wanderung – in 100 Tagen ging ich von Graz nach Monaco.

Als ich damals im Piemont am Monte Rosa vorbeigewandert bin, wusste ich … irgendwann werde ich diesen Gebirgszug nicht nur aus der Ferne betrachten. Aus “irgendwann” wurde “sehr bald” …

… und so habe ich 2018 meine Prioritäten anders gelegt und mich unter dem Motto “Höhe statt Ferne” kürzer, dafür höher nach oben orientiert und auf einer zweitägigen Tour meine ersten 4.000er Gipfel bestiegen und auf der höchsten Berghütte Europas übernachtet.

In meinem Tagebuch kannst Du über dieses besondere Erlebnis nachlesen.

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